Expedition nach Utrecht

Bahnhof Houten - Niederlande

Ein Blick in die Zukunft? #Verkehrswende

Gemeinsam mit Ortsverband der Grünen aus Hövelhof habe ich mich auf eine Expedition nach Utrecht (NL) begeben, um dort die Infrastruktur und das größte Fahrradparkhaus der Welt anzuschauen. Spoiler: Wir haben noch einen langen Weg vor uns.

Mit dem Zug fuhr unsere Gruppe mit 7 Personen am 16.10.21 nach Utrecht Centraal und von dort ins Hotel. Nach kurzer Erholungspause bestiegen wir die Leihräder und radelten in den Stadtteil Houten, der ganz bewusst so konzipiert wurde, dass Fahrräder dort den Vorrang vor allen anderen Verkehrsmitteln genießen und das obwohl fast ebenso viele Autos vorhanden sind wie bei uns in Deutschland (NL: 458 Autos/ 1000 Einwohner, BRD: 573 Autos/ 1000 Einwohner).

Zugegeben es war Wochenende, aber man stelle sich eine Stadt in Deutschland in vergleichbarer Größe vor (Utrecht 350 t Einwohner/ Houten 50 t Einwohner). Es waren kaum Autos unterwegs. Wie schafft man das? Schon nach kurzer Zeit war klar: Es liegt am Komfort der Fahrradwege. Bei unserer Tour von gut 35 km mussten wir nur an zwei Ampelkreuzungen warten. Ansonsten führte der Weg immer unter den größeren Straßen durch. Unsere nette Begleitung der Dutch Cacling Embassy erklärte hierzu, dass genau das zum Konzept gehört. Kein bremsen, Schwung holen und auf der anderen Seite entspannt weiter. Immer auf ca. 4m breiten Radwegen (zwei Richtungen) und fast überall erhält das Fahrrad die Vorfahrt, wenn sich Rad und Kfz begegnen.

Radweg in den Niederlanden - 2 Meter breit

Der zweite Tag gehörte dem Sightseeing in Utrecht, einer wirklich schönen und einladenden Stadt. Natürlich durfte dort die Besichtigung des größten Fahrradparkhauses der Welt nicht fehlen. Die Devise hier heißt “THINK BIG”. 12500 Räder in einem 30 Mio. teuren Parkhaus. Irgendwann hatte die Stadt entschieden, dass nicht nur die Autos ein Problem in der Stadt darstellen, sondern auch die Räder, die morgens rund um den Bahnhof geparkt wurden. Also schaffte man Parkraum für die Pendler. Hell, groß und vor allem einladend gestaltet. Die ersten 24 Std. parken sind kostenlos, im Grunde für alle Pendler. Es gibt eine Unzahl an Leihfahrrädern und Servicestationen, um sein eigenes Rad reparieren zu lassen.

Warum klappt das in den Niederlanden und hier nicht? In den späten 70ern Anfang der 80er Jahre hat die Politik entschlossen den Platz in den Städten nicht mehr für die Autos zu gestalten. Der Mensch und seinen Bedürfnissen nach Lebensqualität haben in Städten wie Utrecht und zB. Groningen (200 t Einwohner) wieder den Vorrang bekommen. Es wurde entschieden das Auto nach und nach aus den Innenstädten zu verbannen. In der Regel kann jeder Platz noch mit dem Auto erreicht werden, aber Parken und Fahrwege wurden bewusst erschwert. Die Ziele waren dann leichter, besser und schneller mit dem Rad zu erreichen, so dass es heute selbstverständlich ist das Rad zu nutzen und das Auto stehen zu lassen. Heute denkt dort niemand mehr ernsthaft daran das Auto zu nehmen um 3 km ins Zentrum zu fahren. Die Ansprüche des Radverkehrs und des ÖPNV wurden in der Planung bedingungslos vor die Bedürfnisse des Autos gestellt. Die Folge sind ausgestorbene Innenstädte, würde man hier denken, aber das Gegenteil ist der Fall. Belebte Innenstädte mit Platz für Cafés und Leben auf der Straße sind die Folge.

Auch bei uns wird es Zeit für eine solche Verkehrswende. Wenn selbst Großstädte wie Barcelona und Paris diesen Weg gehen können, warum sollten wir das nicht auch schaffen?  Die Niederlande haben gezeigt, dass es möglich ist. Wir- wir haben noch 50 Jahre aufzuholen.

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